Empirische Forschung zum kulturellen Lernen im DaF/DaZ-Kontext

Zitat:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in dem Bereich unseres Faches Deutsch als Fremdsprache, den wir traditionell als ‚Landeskunde‘ kennen, hat sich in letzter Zeit zweifellos viel getan. Die lange Zeit immer wieder angemahnte Weiterentwicklung des bloßen ‚Anwendungsfachs‘ zu einer eigenständigen kulturwissenschaftlichen Teildisziplin ist gut vorangekommen, innovative Konzepte liegen vor und wurden zum Teil auch schon recht erfolgreich umgesetzt. Aber immer noch arbeiten wir im kulturwissenschaftlichen Diskurs allzu oft auf der Basis spekulativer und normativer Argumente. Was uns immer noch fehlt, ist eine belastbare empirische Grundlage, was uns fehlt, sind empirisch fundierte Forschungsarbeiten, die Auskunft darüber geben könnten, was im landeskundlichen Unterricht eigentlich genau passiert und wie kulturbezogene Lernprozesse in einem Kontext des Lernens und Lehrens von Fremdsprachen genau ablaufen. Eigentlich ist es erstaunlich, aber auch über hundert Jahre nach den ersten Anfängen der Diskussion über die Rolle der Landeskunde im Fremdsprachenunterricht ist unser Wissen über landeskundliche Lernprozesse immer noch sehr gering. Deutlich wird dies vielleicht vor allem dann, wenn man es mit dem Wissen vergleicht, über das wir heute etwa zum Spracherwerb im engeren Sinn verfügen und das wir einer schon seit längerem gut etablierten Tradition der Spracherwerbsforschung verdanken. Etwas auch nur halbwegs Vergleichbares haben wir im Bereich der Kulturwissenschaften bis heute nicht.
Die vorliegende Themenausgabe unserer Zeitschrift möchte einen kleinen Beitrag zur Beseitigung dieses Forschungsdesiderats leisten. Die hier enthaltenen Arbeiten präsentieren in aller Regel mit Hilfe qualitativer Verfahren erhobene und ausgewertete Daten zum kulturellen Lernen im Kontext von Deutsch als Fremdsprache, reflektieren dabei aber auch die methodischen Probleme, die sich der empirischen Forschung in diesem Bereich stellen und für die bisher keineswegs immer schon überzeugende Lösungen vorliegen. Insofern kann von einer Vergleichbarkeit auf Augenhöhe etwa mit der Spracherwerbsforschung bis auf Weiteres sicherlich nicht die Rede sein. Aber viel wäre erreicht, wenn es uns gelingen würde, mit dieser Themenausgabe auf die Probleme hinzuweisen, vor allem aber auch zu zeigen, dass es sich bei der empirischen Forschung zum kulturellen Lernen um ein ebenso spannendes wie zukunftsträchtiges Forschungsfeld handelt, das zu beackern sich für viele und namentlich jüngere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler lohnen könnte.
Claus Altmayer & Uwe Koreik 
Gastherausgeber

Ausserhalb des Themenschwerpunkts
Außerhalb des Themenschwerpunktes veröffentlicht die ZIF in dieser Ausgabe vier Beiträge, die Themenschwerpunkte der letzten Ausgabe und früherer Ausgaben wieder aufnehmen und das Erwerbsspektrum von der Kita über die Grundschule bis zu erwachsenen Lernern abdecken. Mit ihrem Beitrag « Vorkurse in Bayern. Zwischenbericht einer regionalen Befragung von Erzieherinnen und Grundschullehrkräften im Raum Regensburg » in der Rubrik Forschungsberichte legen Nicole Ehrmann, Rupert Hochholzer und Andreas Reindl (Regensburg) den Zwischenbericht eines von der Mercatorstiftung geförderten Projektes vor, aus dem sie didaktische, methodische und institutionelle Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Kurse gewinnen wollen. Auch der Beitrag von Sabine Jasny (Sydney) (« Von Australien lernen – Erfolg durch „konsequente Sprachförderung“ an australischen Grundschulen/NSW ») schließt an das Schwerpunktthema Deutsch als Zweitsprache der letzten Ausgabe der ZIF an. Jasny argumentiert, dass der Erfolg von Sprachfördermaßnahmen im Grundschulbereich nur zum Teil im Unterricht liegen könne und dass der australische Erfolg vor allem in den institutionellen Rahmenbedingungen und in einem ganzheitlichen Verständnis des Spracherwerbs und der Sprachnutzung zu finden sei. Peter Paschke (Venedig) greift das in der Forschung ambivalent behandelte Thema Internationalismen, und zwar aus phonetischer und intonatorischer Perspektive, auf (Akzentuierung von Internationalismen Überlegungen zur empirischen Untersuchung bei fortgeschrittenen italophonen Deutschlernenden) und stellt dar, inwiefern Internationalismen sowohl erwerbsfördernden, aber auch erwerbshemmenden Charakter haben können. Die einfachen Transfer- und Interferenzhypothesen können an Hand der Ergebnisse der Studie klar zurückgewiesen und das Thema des Transfers lässt sich damit differenziert darstellen. Marie-Luise Vollger befasst sich in ihrem Beitrag mit der Frage, was migrationsbedingt mehrsprachige Französischlernerinnen mit Deutsch als Zweitsprache selbst über die Rolle ihrer Mehrsprachigkeit beim Französischlernen denken. Anhand einer vergleichenden Zusammenschau subjektiver Einschätzungen werden Ansatzpunkte für einen Französischunterricht entwickelt, in welchem den Lernerinnen das Potential ihrer mitgebrachten Mehrsprachigkeit bewusst gemacht werden soll.
Und: Außerdem veröffentlichen wir noch einen Beitrag zur Behandlung literarischer Texte unter Einbezug interkultureller Aspekte, den die Autorin – Andrea Leskovec – bereits vor mehr als einem Jahr überarbeitet eingereicht hat. Er ist in der Bearbeitungsschleife in Darmstadt hängen geblieben und nicht weitergereicht worden, wofür wir uns bei der Autorin entschuldigen möchten.

Inhalt und Downloads (PDF)
http://zif.spz.tu-darmstadt.de/jg-15-2/allgemein/beitra40.htm

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